20:00 Uhr
mit Schneider, Holéczy
Gott ist tot, Liebe eine chemische Verbindung, Hoffnung esoterisch; Tapferkeit ist was für Neonazis, Gerechtigkeit ein Zynismus, Mäßigung konjunkturschädigend und Weisheit was Chinesisches mit Bart.
War das schon alles? Die sieben Kardinaltugenden sind in die Jahre gekommen. Als Platon sich vor gut zweieinhalbtausend Jahren erbarmte und der überforderten antiken Gesellschaft vier grundlegende Orientierungshilfen stiftete – Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung - , mag das entzücken berechtigt gewesen sein. Auch die Ergänzungen um Glaube, Liebe und Hoffnung, die Paulus von Tarsus rund vierhundert Jahre später im ersten Brief an die Korinther vornahm, standen die längste Zeit hoch im ethischen Kurs der abendländischen Zivilisation. Was aber haben sie noch mit unseren Leben zu tun, diese philosophischen Relikte aus den mürrischen Zeiten vor der Erfindung von worldwideweb und ich-ag, gps und ego-shooter?
Eine Gruppe freier Theatermacher möchte das in der Spielzeit 2008/2009 herauszufinden. An sieben Orten in Deutschland fragen die LUMPENBRÜDER nach den sieben Kardinalstugenden. Wo sind sie hin, die hohen Werte, die uns tauglich werden lassen für ein menschwürdiges Zusammensein? Zerfällt die pluralistische Gesellschaft in einen losen Haufen egomaner Individuen? Oder ist es ein Grund zu feiern, dass Freiheit und Selbstverwirklichung verstaubte Werte wie Unterordnung und Gehorsam ablösen?